Diese Probe war mal wieder eine Besondere! Nachdem Tine Fries, eine bekannte Gesangslehrerin aus Dänemark, uns vor einigen Monaten beehrt hat (wir berichteten), brachte Sabine nun wieder eine weitere Koriphäe zu uns: Roger Treece aus New York. Er war gerade für eine Aufführung mit dem Jazzchor Freiburg angereist. Spontan fragte uns Sabine, ob wir Interesse an einer Probe mit ihm hätten. Natürlich hatten wir das und somit wurde alles kurzfristig in die Wege geleitet.
„Circle songs“, so lautet der amerikanische Begriff für seine Kompositions- und Aufführungstechnik, die man mit „Kreisliedern“ übersetzen kann.
In lockerer amerikanischer Art wurden wir alle unterhaltsam und freundschaftlich begrüßt. Da fast alle von uns ein wenig Englischkentnisse besitzen, brauchten wir keine Übersetzung. Sowieso ging es hauptsächlich um die Praxis, das Singen! Wir bildeten einen Kreis den Roger gesanglich in Gruppen aufteilte indem ereinfache 1–2 taktigeMusikpatternsang, die wir dann übernahmen. So z.B. begann der Bass, weitere Stimmen mit anderen Phrasen kamen hinzu, so dass schließlich ein harmonischer Kreisgesang entstand.
Nun kam die nächste Stufe: Eine einzelne Person singt improvisierend dazu! Einige Mutige aus unseren Reihen wagten sich an diese doch recht große Herausforderung. Roger fragte uns, wie wir denn für uns eine neue Melodie „erfinden“. Am häufigsten war die Antwort: „..vom Gefühl, aus dem Bauch heraus.“ Er erklärte uns dann, dass es für ihn ein dreistufiger Prozess sei. Zuerst probiert er verschiedene einfache Rhythmen und Notenabfolgen aus. Wenn er etwas gefunden hat, das ihm gefällt, bleibt er dabei und versucht es zu variieren. So geht er im zweiten Schritt in die Kristilisatation einer neuen Idee über. Im dritten Schritt folgt dann das Endresultat. Dies mag in einer weiteren 1-2 taktigen Phrase enden, welche dann einer Stimme zum Weitersingen übergeben wird. So entwickelt sich dieser Kreisgesang immer weiter. Es kommen neue Ideen und Höhepunkte auf, die vom Dirigenten auch in der Dynamik noch variiert werden können.
Eine spannende Erfahrung, nicht nur für diejenigen, die selbst versucht haben auf dem Stimmenmeer ihr Bestes zu geben. Sicherlich ist es im Chor sehr wichtig, nicht nur selbst zu singen, sondern vor allem auch zu hören, um mit allen Sängern eine Einheit zu bilden. Aber noch einmal mehr gilt dies bei einer improvisierenden Gesangstechnik wie dieser. Es besteht kein Notentext, bei dem man schon sehen kann, was drei Seiten weiter passiert. Nein, hier kann es sich von einem Takt in den nächsten ändern. Somit ist volle Aufmerksamkeit gefragt, um die Entwicklung des Gesangs mitzuverfolgen und selbst zu gestalten. Für alle die dabei waren, war dies die Erschließung weiterer musikalischer Horizonte. Roger empfahl uns dies weiterhin auszuprobieren und versprach, dass sich uns durch diese Art des Gesangs weitere großartige Möglichkeiten auftun würden.
Vielen Dank Roger Treece und vielen Dank Sabine für deine immer neuen Überraschungen, die du für uns auf Lager hast!