und ihre tanzenden, singenden, spielenden Mitstreiter
Eindrücke vom Konzert des Männerchores am 14. November 2010
So herrlich kann Vergangenes sein! Mit einer Hommage an die wilden zwanziger Jahre boten der Männerchor der Concordia-Chöre Denzlingen und seine künstlerischen Kompagnons einem vollbesetzten Saal im Kultur- und Bürgerhaus einen richtig schönen Abend. Was die Zeit vor achtzig, neunzig Jahren zu bieten hatte an musikalischem Witz, kreativer Unterhaltungslyrik, Sexappeal und Bonvivance, führten sie einen kurzweiligen Abend lang vor.
Entweder ist Dirigent Jürgen Krämer früher zur See gefahren oder er hat sich auf schwankendem Boden intensiv auf diesen Abend vorbereitet. Anders ist es nicht zu erklären, dass er seine „Matrosen“ („Das ist die Liebe der Matrosen“) so standsicher durch's Seemann-Dasein führen konnte. Zweifelsohne hätte er sie auch auf dümpelndem Schiff fehlerlos dirigiert.
„Liebling, mein Herz lässt dich grüßen“ - mit diesem Untertitel hatte Concordia ins Konzert gelockt. Die Menge an Männerstimmen weitete die süß-intime Duett-Tändelei (dereinst zwischen Lilian Harvey und Willi Fritsch) zu einer vibrierenden Gesangswoge, die wie gebändigter Glockenklang ins Publikum brandete und stellenweise an russisch schwer-leichte Volksweise erinnerte.
Leben ist lieben, ist schmachten und schmelzen
Wie viel Sprachwitz in der Gebrauchslyrik jener Zeit steckt, die zugleich punktuellen Einblick in die Kulturgeschichte der Grenze von Erlaubtem und Verruchtem ermöglicht, verdeutlichten die Concordianten gesanglich mit großem Vergnügen. Ad exemplum ein Ausschnitt: „... und herrlich, gefährlich sind deine Füße, du Süße, zu sehn. Oh, Donna Clara, ich hab dich tanzen gesehn!“ - das ist unverbraucht-direkte Alltags-Lyrik. So unmittelbar gereimt, dass es nicht verwunderte, wenn auch Hip Hop, Deutschrock, Rap oder andere flüchtige Kunstformen sie aufgreifen würden. Das Schillernde, das Augenzwinkernde und den dem Charme einer verrauchten Bar-Atmosphäre entspringenden, leicht erotischen Gehalt dieses Songs boten die Sänger ganz unverkrampft dar. Markus Köpfer, der Solist dieses Stückes, gab den „Verehrer aus Posen“ (daher musste er ja kommen, was reimt sich sonst auf Rosen?) herrlich schmachtend-schmelzend.
50 Männer, 50 Freunde
So interpretierte die Sanges-Gemeinschaft überhaupt jedes Stück auf besondere Weise, ergänzend zum Gesang durch Mimik, Gestik oder Wechsel der Abteilungen beim Vortrag. In „Wochenend und Sonnenschein“ drehten sie voll auf, da lebten sie ihre Gesangsfreude pur aus. Mit „Bel ami“ waren sie plötzlich als Dutzende von Charmeuren auf der Bühne. Als sie dann aber „Ein Freund, ein guter Freund“ sangen, da gewann man den Eindruck: das „ist“ der Männerchor. Das sind sie, die vierzig, fünfzig Männer, die jetzt alle dieses typisch Jungenhafte ausleben, wovon dieses Lied kündet. Das Lied singen sie noch zu Ende, dachte man unwillkürlich, und dann gehen sie alle miteinander auf eine ihrer Fahrten, die sie immer wieder gemeinsam unternehmen ...
Willsbachs köstliche Ergänzungen
Das Doppel-Quartett aus Willsbach/Schwaben unter Ulrich Hoh sang, inszenierte, karikierte von romantisch („Ich küsse ihre Hand, Madame“) über abenteuerlich-lustig („Schnucki, fahrn mer nach Kentucky“) bis zu volkstümlich („Wenn die Sonja russisch tanzt“) einen Reigen an köstlichen Darbietungen auf nicht nur hohem gesanglichen Niveau, sondern auch mit Spielfreude und in professioneller Abgestimmtheit. Tänzerin Martina Alter setzte sehr reizvoll und gekonnt den Inhalt der Lieder in ihre Kunst um.
Tanja Sator und Heike Probst plauderten zwischen den Bühnen-Einlagen ungeziert-direkt und bezauberten Damen- wie Herrenwelt gleichermaßen mit ihren zeitgenössischen Kleidern. Martina und Markus Mahel errangen begeisterten Applaus mit ihren schwingenden, fetzigen, rockigen und amüsant-eleganten Tanzeinlagen.
Die Uhr zeigt fünf
Am Ende gab es Beifall. Nicht groß war er – sondern tosend, begeistert. Erst nach zweifacher Zugabe ließ der Saal zu, dass sich die Bühne leerte. Auf der zeigte die Bühnenbild-Uhr noch immer fünf Uhr nachmittags an, den Zeitpunkt des Konzertbeginns. Wohl kaum einer mochte glauben, dass so schnell achtzig, neunzig Jahre verflogen waren, war man doch eben noch mittendrin gewesen in den wilden Zwanziger Jahren der Concordia ...
von Dr. Herbert Geisler