Ein Jahr lang Vorbereitung, ein intensives Chorwochenende, und nun ist es so weit: Generalprobe am Samstagnachmittag; Podeste stehen auf der Bühne im Kultur-und Bürgerhaus, der Flügel steht bereit für die vier Hände, Mikrofone sind ausgerichtet, und nach dem Einsingen beginnen anstrengende Stunden. Der gesamte Programmablauf wird durchgesprochen und einige der angekündigten Überraschungen finden schon Auflösung: Unsere Pianistinnen werden auch ihre Fertigkeiten mit Flöte und Glockenspiel zeigen.
Am Sonntagnachmittag treffen wir uns im Foyer des Kultur- und Bürgerhauses. Alle Sängerinnen und Sänger tragen Konzertkleidung, und das ist guter Anlass, wieder mal ein aktuelles Chorfoto zu erstellen. Nach den Anweisungen unserer bewährten Chor-Fotografin Erika Koch stellen wir uns auf, und dann ist ein schönes neues Foto „im Kasten“.
Einsingen auf der Bühne – Adrenalinspiegel steigend – kurz verschnaufen, und dann heißt es zwar „Vorhang auf“, aber noch ist er geschlossen und wir hören Karolin und Friederike am Flügel. Aus dem „Off“ erklingt aus „Cabaret“ das „Willkommen“, heute Abend für unser Publikum, das erfreulicherweise den Saal füllt. Es ist die Stimme unseres Moderators Joachim Fischer. Dann öffnet sich auch für uns der Vorhang und - ganz ungewohnt – unser Chorleiter kommt jetzt erst die Stufen zur Bühne herauf, von „unterwegs“ uns den Einsatz gebend für „Nur ein Zimmerchen irgendwo“. Das hat ja schon mal geklappt! Es geht auch weiter so. Die Melodien aus „My Fair Lady“ und der „West Side Story“ kommen gut an bei unseren Zuhörern. Mit Friederikes Querflötenbegleitung macht uns das Singen von „My heart will go on“ besonders Freude und nicht weniger engagiert „nur“ mit Klavierbegleitung klingt dann „Can you feel the love tonight“.
Nächster Programmpunkt: Klaviermusik zu vier Händen von Debussy und Rachmaninov. Für den Chor heißt das: Pause und abtreten. Was dann auf der Bühne passiert, ist Hörgenuss und Augenweide.
Der folgende Vortragsblock hat das Thema „Nacht“, und wie uns Zuhörer berichteten, waren die „Barcarole“ und die „Hymne à la nuit“ – mit vielen Wechseln zwischen Piano und Forte – gut gelungen.
Die „Ungarische Rhapsodie“ Nr. 2 von Karolin und Friederike Stegmann werden von einem begeisterten Publikum – uns eingeschlossen – mit starkem Beifall honoriert.
„O Isis und Osiris“ aus der Zauberflöte und „Jesus Christ Superstar“ aus dem gleichnamigen Musical wirken wahrscheinlich wegen der Gegensätzlichkeit besonders, und damit wird dann auch in die Pause gegangen.
Bis dahin: so weit, so gut! Jetzt geben wir wieder alles – ob es genug ist? „Bella vita militar“ aus Mozarts „ Cosi fan tutte“ kam doch wohl so, wie unser Dirigent das so oft geübt hat. „Noi siamo zingarelle“ ( „Wir sind Zigeunerinnen“) ist das „Frauenstück“. Hier schlüpft Brigitte in die Rolle der Wahrsagerin, mit der glitzernden Kugel und magischen Bewegungen: ein Hingucker! Beim Gefangenenchor aus „Nabucco“, der heimlichen italienischen Nationalhymne, sang zwar niemand aus dem Publikum laut mit, aber an der Mimik war abzulesen, dass sicher viele diese Melodie in Gedanken begleiteten.
Vierhändig am Flügel dann Brahms und Piazolla, bevor Mozarts „Zauberflöte“ noch einmal verzauberte: „Das klinget so herrlich“ wurde so herrlich eingeleitet von den Stegmann-Zwillingen! Nicht nur kam die Querflöte zum Einsatz – ein Glockenspiel beflügelte die Phantasie und untermalte den Text.
„The Old Gumbie Cat“ erfordert textmäßig noch einmal volle Konzentration, die vielleicht doch nicht mehr so voll da ist, aber unser vielseitiger Moderator setzte hier wieder einen speziellen Akzent mit „For she is a very good fellow“. „Memory“ aus „Cats“ - wer fühlt da nicht mit Grizabella die traurigen Erinnerungen?
Aber wir wollen unser Publikum beschwingt verabschieden. Also geben wir musikalisch den guten Rat „Probier’s mal mit Gemütlichkeit“. Mit Beifall wird diese Aufforderung angenommen, und als Zugabe – das ist jetzt eine der Überraschungen – setzt sich Wolfgang Erber zwischen die Zwillinge und – man höre, sehe und staune: Die Flügeltastatur kann tatsächlich von sechs Händen gespielt werden – und sowohl Pianisten, Publikum und Chor haben einen Riesenspaß an diesem Gag. Dafür dürfen dann alle gemeinsam es noch einmal „mit Gemütlichkeit probieren“.
Ein zufriedenes Publikum füllt noch das Foyer, freundliche Gesichter und Glückwünsche lassen uns auch denken: Es war schön! Der Abend klingt aus mit nicht nur gemütlichem sondern auch entspanntem Zusammensitzen der Chormitglieder mit vielen Gästen.
Der folgende Dienstag: Auch den können wir entspannt angehen und beginnen ihn nicht mit dem üblichen Einsingen, sondern mit einer „gerahmten Hommage an unseren Chorleiter“. Es ist wirklich ein Rahmen, durch den Wolfgang Erber jetzt ins „Publikum“, das dieses Mal der Chor ist, schaut: Sein Gesicht als Porträt wird interpretiert: von der Stirn, hinter der er mit den Werk-Ideen schwanger geht und die dann in Form von Konzertprogrammen und Partituren geboren werden; von den Augen, die alles sehen; von den Ohren über Nase (nur zum Halten der Brille) bis zum Kinn. Mit dem Wissen, dass dieser wunderbare Chorleiter auch unser nächstes Konzert vorbereitet und zur Aufführung bringen wird, werden wir versuchen, ihm die Arbeit durch unseren Respekt und unsere Disziplin zu erleichtern.
https://www.badische-zeitung.de/denzlingen/einfuehlsame-unterstuetzung-der-saenger--170601992.html
Text: Madeleine Bierwirth
Fotos: Erika Koch, Sandrine Nguyen und Bruno Meyer